"Das Tanzauge" [in german] 

FLEISCHMANN, Monika; REINHARD, Ulrike (Hrsg.): Digitale Transformationen. Medienkunst als Schnittstelle von Kunst, Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft. Heidelberg: whois verlagsund vertriebsgesellschaft, 2004.


Eine Beschreibung meiner Arbeit von den Anfängen der Entwicklung der multimedialen Tanzschule Bill Forsythes bis zu meiner Arbeit an interaktiven Tanzperformances ist insofern nicht einfach, da ich zum Zeitpunkt des Verfassens dieses Textes mitten im Probenprozess zu »turned« stecke, meiner zweiten großen interaktiven Tanzperformance. Natürlich rücken deshalb im Rückblick auf meine Arbeit Fragestellungen in den Vordergrund, die dieses Stück betreffen. Ich möchte deshalb auch erst einmal mit einer kurzen Beschreibung von »turned« beginnen.
»turned« – Interaktive Tanzperformance
Thema des Stücks ist die Transformation eines audiovisuellen Environments zur körperlichen, Raum greifenden Tanzperformance: Der Sound eines akustischen Instruments wird zur virtuellen Klangcollage, der Tanz entwickelt sich aus dem Bild, tritt aus dem projizierten Bild in die Untersuchung des projizierten Selbst, wird körperlich, entwickelt Raum-/Zeit Spuren, bleibt aber doch Tanz, der immer auch in Auflösung erscheint im Moment des Schauens.
Das Schauen des Zuschauers, das »Tanzauge« ist dabei der Ausgangspunkt meiner Arbeit auf der Bühne. Ich versuche ein »drittes Auge« des Zuschauers zu bauen, zu programmieren, zu projizieren. Dieses Auge in Form einer Videokamera steht meist vor der Bühne, vor den Zuschauern oder es hängt über der Bühne, um eine zusätzliche Perspektive zu ermöglichen. Es ist verbunden mit einem Computer mit einem sogenannten Echtzeitsystem, das heißt, das Bild wird im Moment der Aufnahme gleichzeitig untersucht auf die Dynamik im Tanz (wie schnell wird getanzt/Motionsensing) und des Ortes auf der Bühne (Tracking). Mit diesen Zusatzinformationen erstellt das System ein Zeit-Raum-Bildprotokoll, das den Rohstoff bildet, um Tanz neu abzubilden. Die Transformation der eigentlichen subjektiven Seherfahrung in eine zu untersuchende kollektive mediale Abbildung des Tanzes, das »kollektive Bild« sind Themen, an denen ich arbeite, seit ich angefangen habe, mich mit Tanz und Technologie zu beschäftigen.
Der Ausdruck »Tanzauge« stammt aus einer Arbeit, die mich am Zentrum für Kunst und Medientechnologie, Karlsruhe, von 1994 mit Unterbrechungen bis 1999 beschäftigte: Die CD-ROM Produktion »Bill Forsythe: Improvisation Technologies«. Der Untertitel dieser Arbeit lautet: »A tool for the analytical dance eye«.


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